Glückauf Tiefbau

Zeche Glückauf Tiefbau

Kurz vor 1614 wurde die Saltzcoctur (Saline) in Königsborn bei Unna von teuer gewordener Holzkohle auf Steinkohle umgestellt. Spätestens jetzt beteiligte sich die auf Haus Brünninghausen ansässige Familie von Romberg (bis um 1480 von Rodenberg in Aplerbeck) am lukrativ gewordenen Bergbau. Freiherr Caspar von Romberg (1575-1641) erwarb eine Zeche „am Egeldieck“, die am heutigen Abzweig der Mergelteichstraße von der Hagener Straße lag (im Ortsteil Bittermark gibt es heute eine Straße Igeldiek), eine in Hacheney und eine „an der Renninghauser Becke“ (Becke = Bach). Aus letzterer in der Bolmke liegenden Zeche entstand später die Zeche Glückauf.

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Verlauf des Glückauf-Erbstollens in gelb.
Abb. 1: Ehemaliges Landesoberbergamt NRW (LOBA), Kappsche Karte von 1865, ergänzt von Tilo Cramm)

Der Urenkel von Caspar – Caspar Adolf von Romberg (1721-1795) – setzte 1752 in der Bolmke am Emscherufer den „Tiefen Stolln“ an, der 1769 – wie bereits 1763 der Louise Erbstolln von Louise Tiefbau – das Erbstollenrecht erhielt. Der nach Süden vorgetriebene Stollen diente zunächst allein der Rombergschen Zeche Glückauf. Da er später als Erbstollen auch fremde Zechen von Grubenwasser befreite und sie mit Wetter (Luft) versorgte, flossen den Rombergs hieraus Vergütungen zu.
Wie der Louise-Erbstolln war der Glückauf-Erbstolln durch Lichtlöcher (Luft- bzw. Wetterschächte) mit der Tagesoberfläche verbunden. Auf ihnen standen Handhäspel (Winden) zur Kohlenförderung. 1854 erreichte der mit 5 km längste Dortmunder Erbstollen die Zeche Glücksanfang in der Großholthauser Mark an der Blickstraße und mit einem Abzweig 1861 die Zeche Venus in Kirchhörde. Nach Brüchen im Erbstollen, die das Ablaufen des Grubenwassers stoppten, kamen diese kleinen Zechen um 1880 zum Erliegen.

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Tümpel über dem Mundloch des Glückauf Erbstollens in der Bolmke, 2005.
Abb. 2: Tilo Cramm

Die Rombergsche Zeche Glückauf musste für jedes im Anfangsbereich des Erbstollens durchfahrene Flöz bei der Bergbehörde die Abbaugenehmigung für ein Längenfeld genehmigen lassen (schürfen – muten – verleihen). Auf dem Erbstollen und den von ihm abzweigenden Flözstrecken standen Haspelschächte mit Namen wie: Nr. 7, Nr. 9, Nr. 12, Klüsener, Altschacht, Versuchsschacht, Conrad, Friedrich, Caroline, Abraham, Heide, Jacob, Aurora, Fanny und Clemens. Nachdem 1827 der 36 m tiefe, bis zur Stollensohle reichende Schacht Clemens – am heutigen Abzweig des Gemeinschaftswegs von der Gotthelfstraße – einen Pferdegöpel erhalten hatte, wurde die Zeche Glückauf ein Jahr später zur förderstärksten im Dortmunder Raum. Ein nach Originalzeichnungen des Deutschen Bergbaumuseums für die Bundesgartenschau 1991 nachgebauter westfälischer Pferdegöpel ist im Westfalenpark zu besichtigen.

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Tagesanlage der Zeche Glückauf & Erbstollen, 1865. Die Schächte mit ihren maschinellen Anlagen befanden sich in den Gebäudeflügeln.
Abb. 3: Paul von Mottoni

Zum nachhaltigen Tiefbau unter der Stollensohle reichten jedoch die beiden engen Schächte nicht aus, so dass mit dem Teufbeginn des neuen Förderschachtes Gotthelf 1839 und des Pumpschachtes Traugott 1840 die Tiefbauphase der Zeche Glückauf begann. Die Schachtquerschnitte waren wie damals üblich rechteckig, um mehrere Trumme (Abteilungen) für die verschiedenen Zwecke zu erhalten: Gotthelf 2,22×6,68 m (=14,83 m²) und Traugott 2,52×4,42 m (=11,14 m²). Als Schacht Gotthelf 1841 die Erbstollensohle erreicht hatte, gab man die Kohlenförderung zum Stollenmundloch hin nahezu auf und konzentrierte sich auf die Schächte Neptun und Clemens. Dann nahm 1848 der inzwischen 234 m tiefe Schacht Gotthelf – damit damals der zweittiefste an der Ruhr – mit einer leistungsstarken Dampfmaschine die Förderung aus dem Tiefbau auf. Auch die ersten Tagesanlagen waren inzwischen fertiggestellt worden.

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Zeche Glückauf Tiefbau, 1897.
Abb. 4: Norbert Meier

1850 schloss man alle Längenfelder der Zeche Glückauf und den Erbstollen zu einem Geviertfeld mit dem Namen Glückauf & Erbstolln zusammen. Die Zeche förderte mit 187 Mann rd. 25 000 t Kohlen im Jahr.

Der für die industrielle Entwicklung von Hombruch bedeutendste Romberg war Freiherr Gisbert Christian Friedrich von Romberg (1773-1859). Er besaß zwanzig Bergwerke oder Anteile an ihnen, setzte 1802 auf seiner Zeche Vollmond in Langendreer die erste Dampfmaschine des Ruhrbergbaus unter Mithilfe des Zimmermanns und späteren Dampfmaschinenfabrikanten Franz Dinnendahl ein, war von 1809–1813 unter der Franzosenherrschaft Präfekt des Ruhrdepartements und dann bis 1816 preußischer Regierungspräsident in Arnsberg. Vom finanzschwachen, seit 1838 insolventen Friedrich Harkort erwarb er 1847 günstig den größten Teil dessen Grundbesitzes.

Geviertfeld Glückauf Tiefbau mit den Schächten Gotthelf und Giesbert und die sie verbindende Pferdebahn, 1880.<
Abb. 5: Ehemaliges Landesoberbergamt NRW (LOBA)

Gisberts Sohn Konrad Franz von Romberg (1803-1869) begann 1865 auf ehemals Harkortschem Grund nahe der Bahn an der heutigen Kieferstraße mit dem Teufen des rechteckigen Schachtes Giesbert (2,5×7,5 m = 18,75 m²), der 1870 die Förderung aufnahm und einen Bahnanschluss erhielt. Gisberts Enkel gleichen Namens (1839-1897) – als der „Tolle Bomberg“ bekannt – verkaufte bereits 1869 die Zeche dem „Eisenbahnkönig“ Strousberg, der sie drei Jahre später an die „Union, Aktiengesellschaft für Bergbau, Eisen- und Stahlindustrie“ abgeben musste. Die Hütte lag an der heutigen Rheinischen Straße und war vor allem am Koks interessiert.

Profil „d“ zwischen den Schächten Gotthelf und Giesbert 1880 (s. Abb. 5).
Abb. 6: Ehemaliges Landesoberbergamt NRW (LOBA)
Schachtanlage Giesbert von Osten, nach 1910.
Abb. 7: Norbert Meier
Schacht, Wäsche und Verladung Giesbert von Westen, um 1910.
Abb. 8: Westfalia Dinnendahl Gröppel AG
Schachtanlage Giesbert von Südwesten. Rechts vom Schacht der Turm der Hombrucher katholischen Kirche vor 1925.
Abb. 9: Karl-Heinz Strothmann, Stadtarchiv Dortmund (STADO)

Im Schacht Traugott richtete man 1856 bis zur 3. Sohle (234 m Teufe) eine „Harzer Fahrkunst“ ein, um den Bergleuten das mühsame „Fahrtenputzen“ (Leiterklettern) zu ersparen und die reine Schichtzeit untertage zu verlängern. Die Fahrkunst bestand aus einem über die gesamte Schachttiefe aufgehängten und von einer stehenden Balancier-Dampfmaschine um etwa 4 m wechselweise angehobenen oder abgesenkten Holzbalken. Wenn sich die am Balken angebrachten Tritte denen an der Schachtwand befindlichen gegenüberstanden, traten die Bergleute während des Richtungswechsels zum jeweils anderen Tritt über. Da dieses Verfahren unfallträchtig war, genehmigte die Bergbehörde in den folgenden Jahren auch die Personenbeförderung auf Förderkörben „am Seil“. Die Fahrkunst im Schacht Traugott stand 1893 noch in Betrieb, wahrscheinlich nur für den Fall von Seilrissen. Ein Seilbruch ereignete sich 1895 im Schacht Giesbert. Eine Fangvorrichtung stoppte den Förderkorb, 12 Mann fuhren auf Gotthelf aus.

1853 war der 130 m tiefe Wetterschacht Paula an der Gotthelfstraße gegenüber dem Abzweig Gögestraße niedergebracht worden, der 1856-1893 Abwetter (Abluft) aus der Grube zog und 1902 endgültig abgeworfen wurde.

Neues Fördergerüst Gotthelf von Osten um 1910.
Abb. 11: Norbert Meier

Obwohl 1869 der Durchschlag zwischen Gotthelf/Traugott und Giesbert auf der 3. Sohle erfolgt war, wurde vorerst keiner der rechteckigen, mit Holz ausgebauten Schächte wegen zu engen Querschnitts alleiniger Förderschacht. 1907 schüttete man den Schacht Gotthelf mit Haldenbergen zu, teufte ihn mit neuem Querschnitt ab und mauerte ihn mit einem Durchmesser von 5 m (= 19,6 m²) bis 1910 rund aus. Er wurde dann mit neuem Fördergerüst und neuer elektrischer Koepe-Fördermaschine Hauptförderschacht. Während der Durchbauzeit übernahm Traugott die Förderung. Auch Traugott erhielt eine Ausmauerung (bis zur 5. Sohle vierbögig, darunter rund mit dem Durchmesser von 3,5 m = 9,2 m²).

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Neues Fördergerüst Gotthelf von Osten, um 1910.
Abb.11: Norbert Meier
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Glückauf Tiefbau Schacht Gotthelf mit Seilbahn von Norden, nach 1914.
Abb. 12: Klaus Winter
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Die Schächte Traugott (links) und Gotthelf (rechts) vom Hombrucher Friedhof aus, um 1920.
Abb. 13: Klaus Winter
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Lageplan Gotthelf/Traugott nach 1913. 1909 war die bisherige Gestängewasserhaltung auf elektrische Pumpen unter Tage und Druckrohrleitungen im Schacht nach über Tage umgestellt worden.<
Abb. 14: Ehemaliges Landesoberbergamt NRW (LOBA), ergänzt von Tilo Cramm
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Neue Schachtscheibe des 425 m tiefen Schachtes Giesbert, 1913.<
Abb. 15: Gelsenkirchener Bergwerks AG (GBAG)

Anschließend wurde Schacht Giesbert bis 1913 in gleicher Arbeitsweise wie bei Gotthelf/Traugott, aber oval ausgemauert.

Mit steigender Förderung ging die Zeche vor 1865 vom Abtransport der Kohlen durch Fuhrwerke ab und verlegte eine mit Pferden betriebene, etwa 1 km lange Schienenstrecke von Gotthelf zur 1849 in Betrieb gegangenen Bergisch-Märkischen Bahn (Abb. 1). Die Verladung befand sich an der alten Station Barop bei der Zeche Louise Tiefbau. 1869 wurde die Pferdeschleppbahn zur neuen Schachtanlage Giesbert umgelegt und noch vierzig Jahre bis 1909 betrieben, zuletzt mit Benzollokomotiven (Abb. 5). Die Schleppbahnstraße erinnert an diese Transportstrecke. Die Schienenbahn wurde 1910 durch eine elektrisch angetriebene Seilbahn abgelöst, welche etwa die Trasse der Schienenbahn benutzte.

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Lageplan der Schachtanlage Giesbert mit Halde und Seilbahnen nach 1913.
Abb. 16: Ehemaliges Landesoberbergamt NRW (LOBA), ergänzt von Tilo Cramm
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Zubringerseilbahn von Giesbert zur Seilbahn Kaiser Friedrich-Hüttenunion mit Rüpingsbach, 1924.
Abb. 17: Emschergenossenschaft, Peter Kocbeck
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Schachtanlage Giesbert von Westen um 1924 mit Seilbahn Kaiser Friedrich-Union.
Abb. 18: Norbert Meier

Die Zeche Glückauf & Erbstolln hatte 1874 mit einer Belegschaft von 1.429 Mann ihre höchste Förderung von 342.000 t erreicht. Erst 1891 wurde die Zeche in Glückauf Tiefbau umbenannt. 1893 ergab eine oberbergamtliche Belegschaftszählung, dass im heutigen Stadtbezirk Hombruch 3.547 Bergleute wohnten, von denen 531 auf Giesbert und 365 auf Gotthelf arbeiteten. Glückauf Tiefbau erzielte 1918 mit 2.035 Mann – davon waren rd. 500 Kriegsgefangene – ihre höchste Jahresförderung von 370.000 t.

1873 hatte die Firma Stutz & Isert ihre Privatkokerei auf dem Gelände von Giesbert mit 125 Flammöfen der Typen Coppée und Collin errichtet. Sie wurde später wie 1888 die Koksöfen auf Gotthelf von der Zeche übernommen. 1900 gab es auf Giesbert 54 Coppée- und 20 Collin-Flammöfen, die 72 000 t Koks erzeugten. 1910 kamen 80 neue Koksöfen mit Nebengewinnung in Betrieb, 1913 wurde auch Benzol produziert.

Im Rahmen von Rationalisierungsbestrebungen kam 1910 die Hütten-Union zusammen mit ihren Zechen Kaiser Friedrich und Glückauf Tiefbau – etwas später auch Tremonia – zur Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks- und Hütten-AG, die 1926 in der Vereinigte Stahlwerke AG aufging.

In der Mitte der 1920er Jahre folgte nach Ruhrbesetzung und Inflation im Süden des Ruhrgebiets eine Welle von Zechenstilllegungen. Die Gründe waren Unwirtschaftlichkeit und Veralterung der meist zu kleinen Zechen und Absatzmangel wegen der aufkommenden neuen Energien Öl, Gas und Elektrizität. So wurde Glückauf Tiefbau am 30.9.1925 stillgelegt. Die Kokerei Giesbert allerdings wurde mit erheblichem Aufwand ertüchtigt, Kohlen der Zechen Hansa und Minister Stein zu verarbeiten, während deren alte Kokereien abgerissen und durch moderne Großkokereien ersetzt wurden. Die vier Batterien mit 92 Öfen wurden erst am 28.2.1930 kalt gefahren und abgebrochen. Alle Anlagen der Schachtanlagen Gotthelf/Traugott und Giesbert wurden bis auf zwei Gebäude, für die sich vorübergehend eine Nachnutzung fand, vom Freiwilligen Arbeitsdienst entfernt. Mit überschüssigem Halden- und Erdmassen wurde das benachbarte Darbachtal zur Anlage eines Sportplatzes aufgefüllt.

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Abbruch der Schachtanlage Giesbert um 1935. Vorn die Koksöfen, rechts oben eine Straßenbahn auf der Deutsch-Luxemburger Straße und die Halde Gotthelf.
Abb. 19: Dr. Bernd Grabe und Stadtarchiv Dortmund (STADO)
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Abbruch von Giesbert um 1935. Links der Schutzbau der Zubringer-Seilbahn über der Eisenbahn. Oben die Kamine des Baroper Walzwerks.
Abb. 20: Dr. Bernd Grabe und Stadtarchiv Dortmund (STADO)
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Ziegelsteinsockel eines Mastes der Zubringerseilbahn von Giesbert, 2011.
Abb. 21: Tilo Cramm
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Übrig gebliebene Spitzkegel der Bergehalde Gotthelf, 2003.<
Abb. 22: Dr. Gerda Soekeland
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Auf der Bergehalde Gotthelf, 2005.
Abb. 23: Tilo Cramm

Heute existieren vom Bergwerk Glückauf Tiefbau nur noch große Teile der gekappten Spitzkegelhalde östlich der verfüllten Schächte Gotthelf und Traugott. Die nahezu bewachsene Bergehalde der „Hombrucher Alpen“ schützt benachbarte Wohnanlagen gegen Wind und ist als Aussichtspunkt erschlossen. Eine Informationstafel des Fördervereins Bergbauhistorischer Stätten am Zugangsweg erinnert an die Zeche.